Konferenzbericht: 4. Tagung der DGA-Nachwuchsgruppe (03.-05.06.2011/Bonn)
Konferenzbericht von Eva Ottendörfer, ASIEN 112-113 (S. 151–153)
Seit nunmehr vier Jahren organisiert die Nachwuchsgruppe der DGA eine Tagung im Abstand von einem bis anderthalb Jahren. Vom 03. – 05. Juli fand nun in der Jugendherberge am Venusberg, Bonn, das bereits vierte Treffen statt. Ziel der Tagung ist es, Nachwuchswissenschaftler/innen der Asienforschung ein Forum zu geben, in dem Qualifikationsarbeiten von Experten kommentiert und mit der gesamten Teilnehmerschaft diskutiert werden können. Wie auch bei den drei vorhergehenden Tagungen hatte der Call for Paper zu einem breiten Spektrum an Panels geführt, das die ganze Bandbreite der sozialwissenschaftlichen Asienforschung abdeckte. Insgesamt nahmen rund 50 Personen an der Tagung teil, knapp die Hälfte davon waren bislang keine Mitglieder der Nachwuchsgruppe. Diesen bot das Treffen in Bonn eine gute Möglichkeit, die Arbeit der Nachwuchsgruppe kennenzulernen; die Folge waren mehrere Neueintritte in die DGA und Nachwuchsgruppe seit der Tagung.
Den Eröffnungsabends bestritt das Panel „Politikwisschenschaft“ mit Dr. Patrick Ziegenhain als Chair. Prof. Jürgen Rüland von der Universität Freiburg kommentierte die äußerst anspruchsvollen Präsentationen von Ryoma Sakaeda (GIGA Hamburg) zu der Bedeutung Nordkoreas für Japans Sicherheitsstellung und den Vergleich von Magnus Dau (Universität Marburg) zwischen der französischen und deutschen Chinapolitik. Obwohl in diesem ersten Panel noch akribisch genau auf die Einhaltung der Zeit geachtet wurde, wurde erst spät zum gemütlichen Teil des Abends übergegangen.
Den Auftakt des zweiten Tages bildete das Ethnologiepanel, welches aufgrund der großen Anzahl ethnologischer Paper zweigeteilt worden war. Vier der fünf Paper befassten sich mit Indien, wofür Dr. Karin Polit vom Südasieninstitut Heidelberg passender weise die nötige Expertise sowohl als Ethnologin als auch als Indienkennerin mitbrachte. Der erste Teil des Panels umfasste Paper zum Thema Identität und soziale Beziehungen. Sarah Habersack von der Universität Wien erörterte „die soziale Produktion und Reproduktion von Raum in Pune, Maharastra“ und Dorith Altenburg stellte ihr geplantes Dissertationsprojekt zum Thema „Identität in Zeiten von Globalisierung und IT-/Outsourcing-Boom in Indien“ vor. Im zweiten Teil des Panels präsentierte Bettina Volk von der Universität Frankfurt Ergebnisse ihrer Feldforschung über Totenrituale im indonesischen Alor-Archipel. Raphael Susewind von der Universität Marburg sammelte letzte Anmerkungen für seine Diplomarbeit zur Verbindung von Friedensaktivismus und religiösem Glauben unter Muslimen in Gujarat und Miriam Benteler von der FU Berlin machte den Abschluss des Panels mit der Darstellung ihres Promotionsprojekts über „Konzepte von Kaste und Verwandtschaft unter lateinischen Christen in einem Küstenort in Kerala“.
Auf dieses sehr ausführliche ethnologische Panel samt einer anregenden Diskussion über Feldforschungsmethoden folgte ein Nachmittag mit zwei kleineren Panels zu den Bereichen „Werte und Wissen“ und „Migration“. Direkt nach der Mittagspause stellte zuerst Prof. Claudia Derichs als Mitglied des Vorstandes die Arbeit und das Angebot der DGA vor. Darin wurde von ihr besonders die Bedeutung der Nachwuchsgruppe als mittlerweile größte Teilgruppe der DGA und die Möglichkeiten für Nachwuchswissenschaftler/innen, sich in der DGA und bei ASIEN einzubringen, hervorgehoben. Frau Prof. Derichs kommentierte anschließend die Paper des Panels „Werte und Wissen“ auf sehr anregende Art und Weise. Das Panel hätte ebenso in „Wissen und Wirtschaft“ umbenannt werden können, denn Katharina Glaab von der Universität Münster präsentierte darin ihr Promotionsprojekt zum Thema „Agricultural Biotechnology Politics in China and India: Some Ideational Perspectives“, während Hannah Kreis ihre Arbeit zur Rezeption wirtschaftstheoretischen Gedankenguts in Japans Meiji-ära vorstellte. Constanze Müller beleuchtete mit ihrer Präsentation die Transferprozesse wirtschaftlich wertvoller Informationen in der deutsch-chinesischen Zusammenarbeit ging.
Dr. Kyoko Shinozaki aus dem Graduiertenkolleg „Transnationale soziale Unterstützung“ der Universität Mainz kommentierte das Migrations-Panel, während Stefan Rother vom Arnold Bergstraesser Institut, Freiburg, als Chair die Teilnehmer/innen des Panels vorstellte und die Diskussion leitete. Alexander Trupp (Universität Wien) stellte seine Arbeit über das soziale Kapital migrierender ethnischer Minderheiten in urbanen Gebieten Thailands vor, während Asako Ishii ( Universität Münster) ihren Vergleich der Auswirkungen von Migration auf Demographie und Gesellschaft in Deutschland und Japan präsentierte. Frauke Kandale von der HU Berlin erörterte eine transnationale Perspektive auf den Prozess der Konversion Chinesischer Muslime in Malaysia.
Am zweiten Abend wurden Informationen über Graduiertenkollegs zusammengetragen und diskutiert. Durch die Bildung von Exzellenzclustern und neue finanzielle Ressourcen aufgrund von Studiengebühren ist die Zahl an asienwissenschaftlich ausgerichteten Graduiertenkollegs gestiegen. Jedoch sind die Standards der Ausbildung unterschiedlich. Trotzdem wurden Graduiertenkollegs im Plenum als ein sinnvoller Rahmen für die Promotion bewertet.
Das Programm des dritten Tags bestand neben einem letzten Panel vor allem aus den Wahlen der Sprecher/innen und deren Stellvertreter/innen. Dr. Björn Alpermann, Juniorprofessor an der Universität Würzburg kommentierte das Panel, das sich mit China beschäftigte. Während sich zwei der drei Paper mit dem politischen System Chinas auseinandersetzten, befasste sich das dritte Paper mit einem soziologisch-sprachwissenschaftlichen Thema. Pablo Zerm von der HU Berlin präsentierte sein Promotionsvorhaben über die erfolgreiche Autokratie Chinas, während Christoph Steinhardt von der Christian University of Hong Kong sich mit dem Diskurs über Proteste innerhalb des chinesischen Einparteienstaats auseinandersetzte. Dagegen stellte Markus Jentsch von der Universität Freiburg seine Arbeit zu Aspekten des Konzeptes Gesicht in der Volksrepublik vor. Die sehr detaillierten und konstruktiven Anmerkungen des Kommentators mündeten auch hier in eine ausführliche Diskussion aller drei Paper.
Für den letzten offiziellen Teil der Tagung wurden in zwei Wahlgängen die neuen Sprecher/innen und deren Stellvertreter/innen gewählt. Stefan Rother und Henriette Sachse schieden nach zweijähriger erfolgreicher Amtszeit als Sprecher aus. Ihnen beiden an dieser Stelle ein herzliches Dankeschön für ihr Engagement in den letzten Jahren! Stefan Rother wird künftig im Vorstand der DGA tätig sein. Die beiden bisherigen Stellvertreterinnen Eva Ottendörfer (HSFK Frankfurt) und Anke Wiedemann (Universität Freiburg) wurden von den anwesenden Mitgliedern als Sprecherinnen gewählt. Als neue Stellvertreterinnen konnten sich Anne Schreiter und Simone Christ in der Wahl gegen weitere Bewerber durchsetzen.
Die Tagung erwies sich ein weiteres Mal als angenehme und beliebte Plattform für junge Asienforscher/innen, um sowohl den wissenschaftlichen als auch persönlichen Austausch zu pflegen. Auch wenn sich bei der Themenwahl der Paper dieses Mal ein starker Schwerpunkt auf Indien und – vor allem – China herausgebildet hat, bleibt es doch nach wie vor erklärtes Ziel der Nachwuchstagung, allen Regionen und Bereichen der Asienforschung Gehör zu verschaffen. Die Nachwuchsgruppe hofft auch in Zukunft auf spannende Paper und das selbstlose Engagement der Kommentator/innen und Chairs, denen an dieser Stelle ganz herzlich gedankt sei.
Eva Ottendörfer